Nahrungs- und Genussmittelindustrie

Die Herstellung von Lebensmitteln unterliegt unter anderem zum Schutz vor Lebensmittelkrisen einem komplexen Lebensmittelrecht und einer intensiven Lebensmittelkontrolle.


Historische und wissenschaftliche Einordnung

Die industrielle Fertigung von Lebensmitteln hat sich wie in anderen Bereichen auch aus den entsprechenden Zweigen des Ernährungshandwerks entwickelt. Noch heute unterscheidet man seltener nach Herstellungsverfahren als nach Mitarbeiteranzahl zwischen handwerklichen und industriellen Unternehmen. In der Lebensmittelwirtschaft erfasst die amtliche deutsche Statistik Betriebe des produzierenden Gewerbes ab einer Größe von 30 Beschäftigten. Die sich daraus ergebende Zahl an Betrieben wird in der Regel mit der Zahl der Industriebetriebe gleichgesetzt. Im Handwerk richtet sich die Zugehörigkeit üblicherweise nach der Zugehörigkeit zu Innungen, Kammern etc. und nicht nach der Betriebsgröße. In der Systematik der Handwerksorganisationen kann es also auch größere Handwerksbetriebe geben. Neben der verfahrenstechnischen Weiterentwicklung der Produktion spielten in den letzten Jahrzehnten auch biotechnische Innovationen eine wesentliche Rolle. (So zum Beispiel bei der Produktion von synthetischem Lab.) Für die technischen Verfahren der Lebensmittelproduktion hat sich mit der Lebensmitteltechnologie innerhalb der Verfahrenstechnik eine eigene interdisziplinäre Hochschulausbildung und ein Forschungsbereich mit spezifischen Berufsperspektiven innerhalb eines der vier größten Industriesektoren entwickelt. Die Beschäftigung mit der Wechselwirkung zwischen Ernährung, Lebensmittelqualität und Gesundheit erfolgt im Rahmen der Ökotrophologie, zunehmend auch durch die Ernährungsmedizin. Besonderes Augenmerk richten diese Disziplinen bei der Bewertung von industriell erzeugten Lebensmitteln neben nährwertbezogenen Eigenschaften auf gesundheitsbezogene Aspekte, wie zum Beispiel Allergie-Risiken sowie auf das Verhältnis von Ernährungsgewohnheiten zu dem jeweiligen Lebensstil. Dieses Gebiet wird auch aus soziologischer Sicht im Rahmen der Ernährungssoziologie untersucht.


Industrielle Lebensmittelverarbeitung

Viele lebensmitteltechnische Verfahren haben sich aus häuslicher Küche und handwerklicher Produktion weiter entwickelt oder entsprechen handwerklichen Verfahren in technischer Sicht, sind dabei aber größer dimensioniert, ggf. um Arbeitsschritte der Haltbarmachung und Verpackung ergänzt sowie oft maschinell unterstützt.

Lebensmitteltechnische Verfahren lassen sich wie folgt kategorisieren:

    • Physikalisch-Mechanische Verfahren
          o Mischen
          o Zerkleinern, z. B. Schneiden, Hacken, Reiben etc.
          o Trennen, z. B. durch Sieben, Filtern, etc.
    • Physikalisch-Thermische Verfahren
          o Erhitzen, z. B. Braten, Kochen, Pasteurisieren, Sterilisieren
          o Kühlen
          o Trocknung
          o Destillation
    • Biologische Verfahren
          o Alkoholische Gärung
          o Milchsäuregärung
          o Essigsäuregärung
    • Chemische Verfahren
          o Eiweißgerinnung
          o Zugabe von chemischen Lebensmittelzusatzstoffen


Blick in die Käseproduktion - 10.000 l milk in the left tank, the milk was mixed with rennet and is now broken for the production of Emmentaler. •



Struktur und Entwicklung der Lebensmittelindustrie

In Deutschland haben sich wichtige Unternehmen und Organisationen der Lebensmittelindustrie in der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) organisiert. Nach Angaben dieses Verbandes sind in Deutschland rund 5.900 Unternehmen mit über einer halben Mio. Beschäftigten in der Lebensmittelindustrie tätig. Der Umsatz betrug im Jahr 2009 rund 149 Mrd. (2008: 156 Mrd) Euro, davon 26 (2008: 26) Prozent im Export [5].

Das System der Agrar und Ernährungswirtschaft. Urheber: Agrifood


In der Schweiz haben sich die Unternehmen der Lebensmittelindustrie in der Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (fial) organisiert. Die Nahrungsmittelindustrie in der Schweiz besteht aus etwa 200 Unternehmen, die in 250 Produktionsbetrieben etwa 33.000 Menschen beschäftigen. Der Gesamtumsatz von 13 Milliarden Schweizer Franken (ca. 8.5 Milliarden Euro) teilt sich auf in 2 Milliarden Franken Exporte und 11 Milliarden Inlandverkäufe.

In Österreich werden von der Wirtschaftskammer Österreich rund 240 Betriebe angegeben, die der Lebensmittelindustrie zuzurechnen sind. Etwa 28.000 Beschäftigte erwirtschaften einen Umsatz von etwa 6,4 Milliarden Euro. Die Exportquote liegt bei 59 Prozent. Wichtigster Handelspartner ist Deutschland.

Auf europäischer Ebene wird die Lebensmittelindustrie u. a. durch den Europäischen Verband der Lebensmittelindustrie (CIAA) vertreten.

Zu den Teilbranchen der Ernährungsindustrie gehören in absteigender Reihenfolge ihrer Umsatzanteile am Gesamtumsatz (in Deutschland):

    • Fleisch (21 %)
    • Milch (16 %)
    • alkoholische Getränke (9,6 %)
    • Süßwaren und Dauerbackwaren (9,2 %)
    • Backwaren (8,0 %)
    • Obst und Gemüse (5,9 %)
    • Mineralwasser und Erfrischungsgetränke (4,6 %)
    • Öle und Fette (3,5 %)
    • Mühlen, Stärke (3,2 %)
    • Kaffee und Tee (3,2 %)
    • Würzen und Soßen (3,0 %)
    • Zucker (2,5 %)

Die deutsche Ernährungsbranche ist trotz der Präsenz zum Teil sehr großer internationaler Branchenunternehmen durch einen sehr hohen Anteil an mittelständischen Unternehmen geprägt. Ihr gegenüber steht ein hoch konzentrierter Lebensmitteleinzelhandel als beherrschendes Glied der Food-Value-Chain, der inzwischen die nationalen Grenzen übersprungen hat und global denkt und handelt. Die Unternehmenskonzentration in der Ernährungsindustrie ist bisher noch relativ gering. Die Top 10 der Branche vereinen lediglich 13,7 % des Umsatzes auf sich. Der hohe Kostendruck zwingt aber auch in der Ernährungsindustrie immer mehr Unternehmen zu Fusionen, Akquisitionen und Unternehmensverkäufen, um Synergieeffekte und Rationalisierungspotenziale zu heben. Insbesondere in den Bereichen Fleisch und Backwaren kann ein deutlicher Trend zu größeren Einheiten in den nächsten Jahren erwartet werden.

Die Struktur der Ernährungsindustrie nach Größenklassen:
Größenklassen
in Mio. €
Unternehmens-
größe
< 22–55–1010–2020–50> 50Anzahl
Unter-
nehmen
Durch-
schnitts-
Umsatz
in Mio. €
Fleisch352324149135111921.16317,5
Fisch1016111111106928
Obst und Gemüse24484730433122330,2
Milch1612205392184109,4
Getreide, Reis und Teigwaren1142419351510835
Feinkost-
erzeugnisse
21081081149108,6
Backwaren1.2316312158468342.2635,6
Öle und Fette112411625187,1
Süßwaren11211728302413148,6
Alkoholische Getränke10293425283215847,3
Brauwirtschaft191197946404134426,8
Andere Alkoholika023181619189444
Andere9394345726126961,7
Summen1.6711.2816594735194775.08024,7
Daten für 2003/2004 (Deutschland). Je nach statistischer Quelle schwankt die Zahl der Unternehmen zwischen 5.000 und knapp 6.000 Unternehmen. Die Unschärfe zeigt insbesondere in den Bereichen Fleisch und Backwaren die strukturelle Nähe von kleineren Industrie-Unternehmen und größeren Unternehmen des Ernährungshandwerks.
Quellen: Destatis, BVE, AFC


Größte Lieferanten des Lebensmitteleinzelhandels

Unter den größten Lieferanten des Lebensmitteleinzelhandels finden sich analog zu den Warengruppen des Lebensmitteleinzelhandels außer Nahrungsmittelproduzenten auch einige Kosmetik-, Reinigungsmittel- und Zigarettenhersteller. Auffällig ist, dass auch in einem vergleichsweise großen Binnenmarkt wie Deutschland unter den Top-10-Lieferanten mit Tchibo und Dr. Oetker nur noch zwei Unternehmen deutschen Ursprungs und im Besitz deutscher Eigentümer sind. Dies unterstreicht den vorherrschenden Trend zu größeren international agierenden und auch eigentumsrechtlich vernetzten Unternehmenseinheiten.
RangHerstellerUmsatz Deutschland in Mio. €Gesamt- Umsatz in Mio. €
1Philip Morris GmbH 1)67676767
2British American Tobacco GmbH 1)51035103
3Tchibo Holding AG 2)43568788
4Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH (Imperial) 1)39473947
5Nestlé Gruppe Deutschland37673767
6Vion N.V. 3)3300*6600
7Dr. August Oetker KG 4)27217029
8Procter & Gamble GmbH2600*6400* 5)
9Unilever Deutschland GmbH**2500*2500*
10Coca-Cola Organisation2200*2200*
11Henkel KGaA2160*11974
12Cobana Fruchtring GmbH & Co. KG2050*2284
13Kraft Foods Deutschland GmbH1800*1800*
14InBev Deutschland GmbH1700*1700*
15B+C Tönnies GmbH & Co KG1630*2500*
16Nordmilch Konzern1525*2070
17Humana Milchunion e.G. 6)1500*1900
18Masterfoods GmbH1500*1500*
19Atlanta AG1500*1500*
20Ferrero oHG mbH1400*1400*
21Theo Müller GmbH & Co KG1300*2100
22Pfeifer & Langen KG 7)1290*2160*
23SCA Hygiene Products AG12901290
24Südzucker-Gruppe12845347
25Westfleisch-Gruppe1230*1599
26Kamps AG1090*1210
27Campina GmbH & Co. KG10801080
28Heristo AG1050*1227
29Japan Tobacco International Germany GmbH 1)10301030
30PHW-Gruppe (Wiesenhof)1010*1260
31Landgard eG960*1005
32Bitburger Getränke Gruppe950950
33L'Oréal Deutschland GmbH895895
34Stute Nahrungsmittelwerke GmbH & Co.KG850*850*
35Hochwald Nahrungsmittel-Werke GmbH770*1020
36August Storck KG750*1200*
37Zur Mühlen Gruppe730k.A.
38Karlsberg Brauerei GmbH**690690
39Krüger GmbH & Co.KG630*1359
40Melitta Unternehmensgruppe Bentz KG610*1113
41Bayernland eG604737
42Brau Holding International AG** (Joint Venture Schörghuber Unternehmensgruppe/Heineken N.V.)570705
43Krombacher Brauerei Bernhard Schadeberg GmbH & Co. KG**526526
44Warsteiner Brauerei Haus Cramer KG**510510
45Haribo GmbH & Co. KG500*1400*
46Ehrmann AG484620
47Harry-Brot GmbH470*489
48D&S Fleisch GmbH470470
49Eckes AG 8)460*960
50Hochland AG412787
Alle Daten für 2005/2006, Anmerkungen:
1) inkl. Tabaksteuer,
2) inkl. Beiersdorf,
3) inkl. Südfleisch,
4) inkl. Freiberger Brauhaus bei Radeberger, inkl. Sektsteuer bei Henkell & Söhnlein,
5) inkl. Wella (Welt) und Gilette (D),
6) konsolidierter Gesamtumsatz,
7) inkl. Nut Company und Intersnack,
8) inkl. Branntwein- bzw. Sektsteuer, * geschätzt, ** inkl. Export
Quelle: Lebensmittelzeitung



Fachmedien

Die Lebensmittelindustrie wird - nach außen und für Mitglieder - durch einige Fachmedien repräsentiert:

    • „Lebensmittel Zeitung“[6]
    • „RUNDSCHAU für den Lebensmittelhandel“[7]
    • „Lebensmittel-Praxis“[8]
    • „die ernährungsindustrie“[9]
    • „Lebensmitteltechnik.de“[10]


Literatur

• Thilo Bode: Die Essensfälscher. Was uns die Lebensmittelkonzerne auf die Teller lügen, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010 ISBN 978-3-10-004308-5
• Hans-Ulrich Grimm: Die Ernährungsfalle. wie die Lebensmittelindustrie unser Essen manipuliert. Das Lexikon, Wilhelm Heyne Verlag, München 2010 ISBN 978-3-453-17074-2


Einzelnachweise

1. information.medien.agrar e. V.: Agrarlexikon (Ernährungswirtschaft), Bonn. o.J.
2. Otto Strecker et al.: Marketing in der Agrar- und Ernährungswirtschaft, Frankfurt 1996
3. Heinz Ulrich Thimm und Michael Besch: Die Nahrungswirtschaft, Hamburg 1971
4. Food Industry: in der englischen Wikipedia
5. BVE Jahresbericht 2009_2010
6. Website der „Lebensmittel Zeitung“
7. Website der „RUNDSCHAU für den Lebensmittelhandel“
8. Website der „Lebensmittel-Praxis“
9. Website der „die ernährungsindustrie“ („dei“)
10. Website der „LEBENSMITTELTECHNIK“ („lt“)


Siehe auch

The Food Industry Students European Council


Verbände

Confederation of the Food and Drink Industries in the EU (CIAA)
Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE)
Fachverband Lebensmittel (Österreich)
Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien
Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) – Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft
Gesellschaft deutscher Lebensmitteltechnologen (GDL)



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