Mess-, Regel- und Prozesstechnik


Messtechnik

Die Messtechnik befasst sich mit Geräten und Methoden zur Bestimmung (Messung) physikalischer Größen wie beispielsweise Länge, Masse, Kraft, Druck, elektrischer Strom, Temperatur oder Zeit. Wichtige Teilgebiete der Messtechnik sind die Entwicklung von Messsystemen und Messmethoden, sowie die Erfassung, Modellierung und Reduktion (Korrektur) von Messabweichungen und unerwünschten Einflüssen. Dazu gehört auch die Justierung und Kalibrierung von Messgeräten.Die Messtechnik ist in Verbindung mit Steuerungs- und Regelungstechnik eine Voraussetzung der Automatisierungstechnik. Für die Methoden und Produkte der industriellen Fertigung kennt man den Begriff der Fertigungsmesstechnik.Die für die Messtechnik grundlegende Norm ist in Deutschland die DIN-NormDIN 1319 und in Österreich die OENORM M 1330.


Einteilung

Die Messtechnik lässt sich nach verschiedenen Arten des Vorgehens bei einer Messung (Messmethoden) gliedern.


Ausschlags-Methode, Nullabgleichs-Methode und Konkurrierendes


Bei der Ausschlags-Messmethode wird der Messwert aus dem Ausschlag oder einer anderen Anzeige eines Messgerätes ermittelt.
  • Beispiel: Federwaage mit Skalenbeschriftung in Gramm.
    Bei dieser Methode muss die Waage justiert sein.
Bei der Nullabgleichs- oder Kompensations-Messmethode wird eine bekannte Größe so eingestellt, dass die Differenz mit der zu messenden Größe den Wert null ergibt.
  • Beispiel: Balkenwaage mit Anzeige für Drehmomenten-Gleichgewicht.
    Bei dieser Methode verwendet man einen Satz von Gewichtsstücken oder verschiebbare Gewichte.


Abwandlungen dieser Grundformen; Beispiele

Bei der Vergleichs- oder Substitutions-Messmethode wird die (zur quantitativen Auswertung ungeeignete) Anzeige der zu messenden Größe nachgebildet durch eine gleich große Anzeige mittels einer einstellbaren bekannten Größe.
  • Beispiel: Federwaage mit Skalenbeschriftung in Millimeter.
    Bei dieser Methode muss für die Waage ein Satz von Gewichten zur Verfügung stehen.
Bei der Differenz-Messmethode wird statt der zu messenden Größe ihr Unterschied zu einer Vergleichsgröße ermittelt.
  • Beispiel: Balkenwaage mit Skala (also mehr als nur Nullpunkt-Anzeige).
    Bei dieser Methode entsteht ein Ausschlag, mit dem kleine Änderungen einer Größe wesentlich genauer messbar sind als durch Differenzbildung nach Messungen der Größe selber.
Bei der integrierenden Messmethode wird die zu messende Größe aus Augenblickswerten durch Integration (je nach Technik auch durch Summation oder Zählung) gewonnen, vorzugsweise über der Zeit.
  • Beispiel: Zählwerk zur Entfernungsmessung, das die Umdrehungen eines Rades erfasst.
    Bei dieser Methode kann auch bei starken Schwankungen (im Beispiel in der Drehzahl) eine zuverlässige Aussage gewonnen werden.

Analoge oder digitale Methode

Siehe hierzu – auch zu einer Gegenüberstellung der Methoden – den Artikel Digitale Messtechnik


Direkte oder indirekte Methode 

Direkte Messtechnik

Bei der direkten Messmethode wird die Messgröße unmittelbar mit einem Maßstab oder Normal verglichen. Beispiele einer direkten Messung sind das Anlegen eines Maßstabes an die zu bestimmende Länge oder der direkte Vergleich einer zu messenden elektrischen Spannung mit einer einstellbaren Referenz-Spannung auf einem Spannungs-Kompensator.


Indirekte Messtechnik

Messsysteme und indirekte Messmethoden machen Größen auch dann messbar, wenn sie auf direktem Wege nicht zugänglich sind. Man misst eine andere Größe und bestimmt daraus die Messgröße, wenn zwischen beiden aufgrund eines Messprinzips ein bekannter eindeutiger Zusammenhang besteht. Beispielsweise wäre der Abstand von Erde und Mond durch direkten Vergleich mit einem Maßstab niemals zu bestimmen. Über die Laufzeit von Licht- oder Radiowellen gelingt es hingegen seit 30 Jahren (heute schon auf wenige Millimeter genau).Eine sehr alte Methode der indirekten Entfernungsmessung, mit der auch der Radius der Mondbahn bestimmt werden kann, ist die Triangulation. Von zwei Standpunkten mit bekanntem Abstand bestimmt man den Winkel, unter dem ein dritter Punkt zu sehen ist. Aus den beiden Winkeln und der bekannten Distanz kann der Abstand des dritten Punktes berechnet werden. Ähnlich kann der Abstand des Mondes durch indirekten Vergleich mit einem relativ kurzen Maßstab bestimmt werden.Die Mehrzahl der in Alltag, Wissenschaft oder Industrie eingesetzten Messverfahren verwenden indirekte Methoden. Das unterstreicht auch die Bedeutung des Verständnisses von Messabweichungen und ihrer Fortpflanzung durch mehrstufige Messsysteme (siehe auch Ausgleichsrechnung und Varianzanalyse).


Simultanmessungen

Als Variante bzw. Erweiterung der indirekten Messmethoden können sog. Simultanmessungen gelten. In vielen Bereichen von Naturwissenschaft und Technik werden gleichzeitige Messungen von verschiedenen Punkten aus vorgenommen. Der Zweck ist die Elimination von Zeitfehlern, die Minimierung der Messabweichung oder die Aufdeckung von Quellen systematischer Messfehler.


Schnellreferenz

Portal: Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Mess-, Steuerungs- und RegelungstechnikMessgerät, Messeinrichtung, Multimeter
Messwert, Messergebnis
Messabweichung, Messgeräteabweichung, Messunsicherheit, Fehlergrenze, Fehlerfortpflanzung, Fehlerrechnung
Sensor, Sensorik, Messprinzip
Messung (Das Messen an sich), Metrologie (Die Lehre von den Maßen und Gewichten)Schaltzeichen zur Messtechnik


Grundlagen der elektrischen Messtechnik


Vertiefend zu den vorstehenden Themen sind zu nennen:
Typen von Messgeräten


Eine ausführliche Aufzählung von Messgeräten findet sich im Artikel Messgerät.Einen Überblick, wie teilweise erst eine Kette aus Messgeräten von unterschiedlichem Typus zum gesuchten Messwert führt, findet sich im Artikel Messeinrichtung.


Einteilung nach physikalischen Größen

Literatur
  • Elmar Schrüfer: Elektrische Messtechnik. Carl Hanser. ISBN 978-3-446-40904-0
  • Kurt Bergmann : Elektrische Messtechnik. Vieweg. ISBN 978-3-528-54080-7
  • Jörg Hoffmann : Handbuch der Messtechnik. Carl Hanser, München 2007 (3. Aufl.). ISBN 978-3-446-40750-3
  • Jörg Hoffmann : Taschenbuch der Messtechnik. Fachbuchverlag, Leipzig 2007 (5. Aufl.). ISBN 978-3-446-40993-4
  • Hans Hart  : Einführung in die Meßtechnik. VEB Verlag Technik, Berlin 1989 (5. Aufl.)
  • Norbert Weichert : Messtechnik und Messdatenerfassung. 2., aktualisierte und erw. Aufl. Oldenbourg, München 2010, ISBN 978-3-486-59773-8

Weblinks



Regelungstechnik

Regelungstechnik ist eine Ingenieurwissenschaft, die alle in der Technik vorkommenden Regelungs-Vorgänge behandelt. Sie ist ein Teilgebiet der Automatisierungstechnik, die selbständig ablaufende Vorgänge im Wesentlichen durch Messen, Steuern und Regeln ermöglicht.Die von der Technik begründete und sie begleitende Theorie der Regelung hat sich ausgeweitet und ist als Kontrolltheorie ein Zweig der angewandten Mathematik geworden.


oben: Steuerung, Wirkungskette zwischen Führungsgröße und zu steuernder Größe unten: Regelung, geschlossener Wirkungskreis. Urheber: Dr.-Ing. S.Wetzel



Einführung


Aufgabe


Die Regelungstechnik behandelt und löst die Aufgabe, in technischen Systemen (Geräte, Apparate, Maschinen, Anlagen und biologische Systeme) vorkommende, prinzipiell veränderliche (dynamische) Größen automatisch konstant (oder gezielt veränderlich) zu halten, das heißt Störeinflüsse auszugleichen. Solche Regelgrößen sind meist physikalischer (zum Beispiel Temperatur, Druck, Drehzahl und vieles andere), selten chemischer (zum Beispiel pH-Wert im Abwasser) oder biologischer (zum Beispiel Glucose-Konzentration im Blut) Natur.


Grundprinzip


Das Grundprinzip besteht darin, den Wert der Regelgröße zu messen (Ist-Wert) und abhängig von seiner Abweichung zum Soll-Wert mittels der in der Regel bereits vorhandenen Möglichkeit seiner Beeinflussung (Steuerung) automatisch (mit dem Stellglied) korrigierend einzugreifen. Durch die Rückkopplung der Regelgröße über Messglied und Regler zur Steuergröße entsteht ein geschlossener Wirkungskreis (Regelkreis, siehe Abbildung). Der geschlossene Kreis ist das eindeutige Unterscheidungsmerkmal einer Regelung von einer Steuerung.Die meisten Regelungen werden verwendet, um den Einfluss von Störungen, die innerhalb des Systems (Regelstrecke) stattfinden, zu kompensieren. Die Regelgröße soll den vorgegebenen festen Sollwert einhalten: Festwert- oder Störgrößenregelung.Soll die Regelgröße zusätzlich gezielt verändert werden, so handelt es sich um eine Folge- oder Nachlaufregelung. Der variable Sollwert wird Führungsgröße genannt. Wenn keine Störungen zu kompensieren sind, kann die Führungsgröße lediglich die Eingangsgröße einer Steuerung sein.Bei einer Steuerung gibt es anstatt eines geschlossenen Kreises nur eine Wirkungslinie: vom Eingang des Stellglieds zum Ausgang (zu steuerndende Größe) der Steuerstrecke. Ein Regelkreis entsteht daraus allenfalls dann, wenn eine bedienende Person die Aufgabe des Reglers übernimmt, wenn “von Hand geregelt” wird (sowohl mit fixem Sollwert als auch mit variabler Führungsgröße).Ältestes technisches Beispiel ist die Regelung auf fixe Drehzahl einer Dampfmaschine durch James Watt mit Hilfe des Fliehkraftreglers (siehe Abbildung).


Praktische und theoretische Regelungstechnik


Regelungen befinden sich in vielen technischen Produkten und Prozessen. Es lassen sich Standard-Regler bauen, die grundsätzlich in verschiedensten Bereichen der Technik eingesetzt werden können. Ihr Einsatz ist aber ohne Kenntnis des dynamischen Verhaltens der technischen Systeme nur mit eingeschränktem Erfolg möglich. Am Anfang wurde die Anpassung durch Ausprobieren mit nicht sicherem und nicht optimalem Erfolg vorgenommen.Besseren Erfolg hatte man, als es gelang, das im Wesentlichen von den Verzögerungen in der Regelstrecke bestimmte komplexe dynamische System Regelkreis mit Hilfe von Differentialgleichungenquantitativ zu beschreiben. Methoden zum Lösen der Differentialgleichungen waren zu erlernen. Die Regelungstechnik etablierte sich infolge als eigenständige Disziplin der Ingenieurwissenschaften. Mathematiker, aber auch Regelungstechniker selbst fanden mathematische Formen der Darstellung, mit deren Hilfe die Leistungsfähigkeit eines Regler-Entwurfs theoretisch vorhersagbar oder eine Regelung optimierbar ist. Die Regelungstechnik ist wie ihr Untersuchungsgegenstand spartenübergreifend und verlangt von den in ihr Tätigen Wissen in der gesamten Technik, der Physik und vertiefte mathematische Kenntnisse.Durch den Einbezug der in natürlichen Systemen vorhandenen Regelungen entstand in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts die noch breiter greifende Wissenschaft Kybernetik, deren Begründer Norbert Wiener war. Die moderne Theorie der Regelungen (oder der Regelungstechnik) hat sich als Kontrolltheorie formal zu einer mathematischen Disziplin gewandelt.


Geschichte

Ausgeführte Regelungen

Regelung der Drehzahl einer Dampfmaschine (nicht gezeichnet) mit einem Fliehkraftregler rechts: Stellglied (Drosselklappe in der Dampfzuleitung) links: Messglied und Regler als Einheit (Fliehkraftpendel auf einer Drehzahl-Messwelle) Mitte: Rückkopplung (Hebel und Stange) = Gegenkopplung (kleinere Drehzahl vergrößert die Drosselöffnung), Sollwert-Veränderung durch Längenänderung der Stange. Urheber: Dr.-Ing. S.Wetzel


Das Prinzip der Regelung wurde schon von Mechanikern in der Antike angewendet. Nachgewiesen sind Einrichtungen zur Regelung von Flüssigkeits-Niveaus, die Ktesibios aus Alexandria und sein Schüler Philon von Byzanz erfanden. Ktesibios regelte den Wasserstand in einem Behälter, aus dem eine Einlaufwasseruhr mit Wasser versorgt wurde.[1][2] Der Wasserzufluß von konstanter Höhe herab ist gleichmäßig und erhöht die Genauigkeit der Uhr. Von Phylon ist eine Öllampe bekannt geworden (siehe Abbildung), in der das Öl automatisch auf gleichem Niveau gehalten wurde. Das konstante Ölniveau verbesserte den gleichmäßigen Brand der Flamme, ein Luxus, auf den man verzichten könnte und bei heutigen Öllampen auch verzichtet. Der Aufwand war aber klein, obwohl es sich um eine vollwertige Regelung handelte.Danach wurde das Prinzip der Regelung erst wieder in der Neuzeit aufgegriffen. Im 17. Jahrhundert entstand die erste Temperaturregelung, die der Niederländer Cornelis Jacobszoon Drebbel in einem Brutkasten für Hühnereier entwarf.[3] 1681 erfand der Franzose Denis Papin eine einfache Druckregelung für einen Dampfkochtopf durch Einbau eines Überdruckventils.Der erste in Serie hergestellte Regler war der Fliehkraftregler, dessen Erfindung James Watt fälschlicherweise zugeschrieben wird (siehe Abbildung, oben). Der Fliehkraftregler wurde vorher schon an Windmühlen verwendet. Watt hat die 1769 von Thomas Newcomen erfundene Dampfmaschine im Jahr 1786 mit einem solchen Regler ausgerüstet. Für die neue Dampftechnik kam auch die aus der Antike bekannte Wasserstandsregelung mit Schwimmer durch den Russen Ivan Polzunov zur Anwendung. Der Schwimmer beeinflusste über ein Gestänge das Wasser-Einlassventil des Dampfkessels.Die Technik der selbsttätigen Regelung blieb lange Zeit auf die Anwendung in Kraftmaschinen beschränkt. Eine erste Ausweitung erstreckte sich auf die Regelung von Größen in verfahrenstechnischen Prozessen, vor allem von Temperaturen, Drücken und Massenströmen. Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden die vereinheitlichten, vielfach einstellbaren elektrischen, hydraulischen und pneumatischen PID-Regler. Die pneumatischen PID-Regler werden in der Verfahrenstechnik bevorzugt, da von ihrer Hilfsenergiequelle Luftdruck keine Brandgefahr ausgeht.In der jüngsten Vergangenheit hat sich die Anwendung der Regelungstechnik auf alle Gebiete der Technik ausgedehnt. Anstöße gaben die Ausweitung der Automatisierung, zum Beispiel mit Hilfe von Robotern, und die neue Weltraumtechnik. Die Regelungstechnik ist inzwischen eine Symbiose mit der Informationstechnik (sowohl Hard- als auch Software) eingegangen.


Theorie der Regelungstechnik


Die quantitative (mathematische) Beschreibung der einzelnen dynamischen Elemente und ihres Zusammenschlusses im Regelkreis wird benötigt, um eine Regelung optimal auslegen zu können. Alle Elemente, vor allem die Regelstrecke, verzögern die Wirkung zwischen ihrem Eingang und ihrem Ausgang, weshalb jede Regelung infolge der Rückführung prinzipiell unstabil sein kann, und die Regelgröße fortwährend zwischen ihrem maximal möglichen und ihrem minimal möglichen Wert schwankt. Die Regelung ist optimal, wenn eine Regelabweichung möglichst schnell beseitigt wird, ohne dass unstabiles Schwingen entsteht.Die mathematische (theoretische) Behandlung der Regelungstechnik begann bereits anhand der Drehzahlreglung mit Fliehkraftregler. Am Ende des 19. Jahrhunderts beschrieben Maxwell und der russische Ingenieur Wischnegradsky erstmalig solche dynamischen Systeme mit Differentialgleichungen.[4] Damit war der Grundstein für die eigenständige Disziplin Regelungstechnik gelegt. Schon kurz danach, am Anfang des 20. Jahrhunderts, bediente man sich auch für Technische Systeme der allgemeinen Laplacetransformation[4] und ihrer inversen Rücktransformation zwischen Zeitbereich und Frequenzbereich, um den großen Rechenaufwand für direktes Lösen der Differentialgleichungen zu vermeiden. Im Frequenzbereich bestehen leicht lösbare gewöhnliche algebraische Gleichungen.Die Anwendung der speziellen Fouriertransformation auf die Differentialgleichungen führt zum Frequenzgang, der schon vorher in der Nachrichtentechnik verwendet wurde, um die Übertragung ungedämpfter elektromagnetischer Schwingungen zu beschreiben.[4] Er wird als Bode-Diagramm oder als Ortskurve dargestellt. Etwa 1928 erkannte Nyquist, dass aus der Ortskurve des Frequenzgangs des aufgeschnittenen Kreises eines elektronischen Verstärkers oder einer Regelanalage ein Stabilitätskriterium für den geschlossenen Kreis entnommen werden kann.[5] Die Kurve muss einen bestimmten Verlauf nehmen.Die mit der Laplacetransformation erhältliche Übertragungsfunktion wurde für das Wurzelortskurvenverfahren (root locus method [6]) bedeutsam. Mit dem Frequenzgangverfahren und diesem Verfahren als zweite allgemeine Methode zur Beschreibung und Bearbeitung linearer Regelungen [7] waren im Wesentlichen alle mathematischen Hilfen gefunden, die zur Behandlung linearerzeitinvarianter Regelungssysteme verwendet werden können.Die folgende erhebliche Ausweitung der Regelungstechnik bezog nichtlineare Systeme und Regelkreise mit mehreren Regelgrößen und mehreren Schleifen ein. Neue Güte-Kriterien mussten erfüllt werden, zum Beispiel die Bahnoptimierung bezüglich Zeit und Treibstoffverbrauch in der Raumfahrt.[4] Entsprechende und zahlreiche neue mathematische Hilfsmittel wurden gefunden. Die sogenannte moderne Regelungstheorie, zu deren Entwicklung Kálmán maßgeblich beitrug,[8] begann in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Durch Anwendung des Modells Zustandsraum lassen sich die Systeme hier auch im Zeitbereich mit erträglichem Aufwand behandeln.Mit der modernen Regelungstheorie begann eine verallgemeinerte, das heißt eine mehr mathematisch betonte Betrachtung, deren Bindung an die Regelungstechnik lockerer wurde. Es entstand die Kontrolltheorie als mathematische Disziplin. Ihre Verallgemeinerung und entsprechende Einordnung ist noch undeutlich. In der Literatur wird sie noch vorwiegend als Theorie der Regelung (oder der Regelungstechnik) bezeichnet. Die neuen mathematischen Mittel zur Beschreibung und theoretischen Behandlung werden mit entsprechenden technischen Entwürfen sehr hoher Komplexität und schwierigen Bedingungen (keine Linearität, keine Invarianz und ähnlichem) zunächst veranschaulicht. Die erfolgreiche Erprobung geschieht parallel dazu. Die Mehrzahl installierter Regelungen kann aber mit den bisherigen Methoden behandelt werden. Sie sind oft mit dem standardisierten PID-Regler ausgerüstet.Bis zum Ende des 2. Weltkrieges entwickelten sich Theorie und Praxis der Regelungssysteme in den USA und Westeuropa anders als in Russland. Während im Westen die Theorie rückgekoppelter Systeme vorwiegend im Frequenzbereich, vor allem von Bode und Nyquist, entwickelt wurde, entstanden in der ehemaligen UdSSR durch die Nachfolger von Wischnegradsky verbesserte Lösungen im Zeitbereich. Die Trennung in Ost und West wurde wenigstens außerhalb militärischer und Weltraum-technischer Anwendungen nach dem 2. Weltkrieg beendet. Im September 1956 wurde die International Federation of Automatic Control (IFAC) gegründet.In den 80er Jahren erfuhr die Regelungstechnik mit der Einführung des digitalen Rechners einen erneuten Entwicklungsschub. Dieses neue Werkzeug ermöglichte es, wesentlich größere und komplexere mathematische Modelle des Regelkreises als bisher in kurzer Zeit zu überblicken. Seitdem entstanden entsprechend komplexere und präzisere Regelungen.Lehre und Forschung in Regelungstechnik an einer Universität begannen erst in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Nyquist, Bode und die anderen frühen Förderer wirkten alle in der Industrie. Das erste Institut für Regelungstechnik im deutsch-sprachigen Raum wurde 1955 von Heinrich Kindler an der Technischen Hochschule Dresden (TH Dresden, später TU Dresden) gegründet.[9]


Einfache Beispiele einer Regelung


Das Grundprinzip beim Regeln ist allgemein gültig. Es ist nicht an die reale Ausprägung der Regelstrecke und der dieser zum Regeln zugefügten Funktionselemente gebunden. Der Regelkreis kann abstrakt als Blockschaltbild dargestellt werden, in dem nur die Funktionselemente als Kästchen und die Funktionsgrößen als Linien erscheinen, die die Kästchen verbinden.

Blockschaltbild eines einfachen Regelkreises. Urheber: Dr.-Ing. S.Wetzel

Ein einfaches, anschauliches Beispiel für eine Standard-Regelung ist die bereits oben abgebildete, von James Watt verwendete Drehzahlregelung an einer Dampfmaschine.


Einfache Raumtemperatur-Regelung


Die Regelung einer Raumtemperatur mit Hilfe eines an einem Heizkörper angebrachten Thermostatventils ist ebenfalls ein einfaches, anschauliches Beispiel einer einfachen Regelung. Ziel ist das automatische Halten der Raumtemperatur (Regelgröße) auf einem gewünschten Wert (Sollwert), obwohl durch gelegentliches Öffnen der Fenster und Änderungen der Außentemperatur eine variable Wärmemenge aus dem Raum abgeführt wird.


Regelung der Raumtemperatur θ mit Thermostatventil am Heizkörper. Urheber: JanHRichter

Ein Thermostatventil ist entgegen seiner umgangssprachlichen Bezeichnung mehr als ein Ventil. Es ist Messglied, Regler und Stellglied zugleich. An ihm wird die gewünschte Solltemperatur (Sollwert) des Raumes eingestellt. Das Ventil verändert den Warmwasserstrom durch den Heizkörper und damit die Raumtemperatur. Die Flüssigkeit im Sensor (Dehnstoffelement) dehnt sich bei Erwärmung aus und stellt einen veränderten Istwert dar. Durch diese Dehnung wird die Ventilöffnung direkt verkleinert, wodurch sich der Warmwasserstrom durch den Heizkörper verringert. Nach einer Verzögerung sinkt die Temperatur im Raum.


BezeichnungZeichen im BeispielZeichen nach DINBedeutung im Beispiel
(Raumtemperatur-Regelung mit Thermostatventil)
RegelstreckeZimmer und Heizkörper
StörgrößendzAußentemperatur, Fenster-Stellung (geschlossen bis offen) und anderes
RegelgrößeyxRaumtemperatur
MessgliedDehnstoffelement im Thermostatventil
MessgrößeyMyMAusdehnung des Dehnstoffelementes
Istwert der Regelgrößezum Beispiel 22 °C, dem eine bestimmte Ausdehnung des Dehnstoffelementes entspricht
FührungsgrößewwPosition des Bodens des Dehnstoffelementes, die mit Drehknopf (mit °C skalierter Skala) am Thermostatventil eingestellt wird
Sollwert der Regelgrößezum Beispiel 20 °C, zur entsprechenden Ausdehnung des Dehnstoffelementes gehört die entsprechend eingestellte Position seines Bodens
Regelabweichunge
= wy
e
= wx
z. B. 2K
ReglerDehnstoffelement
SteuergrößeuyPosition des Übertragungsstiftes am Dehnstoffelement (Übertragung auf das Ventil)
StellgliedVentil im Thermostatventil
StellgrößeuRuRStellung des Ventils (geschlossen bis offen)


Raumtemperatur-Regelung mit Störgrößenaufschaltung


Die Regelung der Raumtemperatur wirkt besser, wenn zum Beispiel ein Absinken der Außentemperatur bereits durch Erhöhen der Vorlauftemperatur des Warmwassers berücksichtigt wird. Diese verbesserte Regelung kompensiert das Absinken schneller, als wenn sie erst die Änderung der Zimmertemperatur abwarten würde. Sie ist auch wirksamer, weil sie durch Veränderung der Vorlauftemperatur eine zusätzliche Stellgröße benutzt. Eine solche Maßnahme heißt Störgrößenaufschaltung, die möglich ist, wenn eine Störgröße (im Beispiel die Außentemperatur) bekannt und messbar ist. Die Kenntnis des dynamischen Zusammenhangs zwischen dieser Störgröße und der Regelgröße ist ebenfalls nötig.


Schritte beim Lösen einer Regelungs-Aufgabe


Die folgende Aufstellung enthält Einzelschritte, die bei der Entstehung einer Regelung prinzipiell gemacht werden.[10] Die Reihenfolge ist weniger streng. Die Schritte zwischen Aufgabenstellung und Inbetriebnahme werden unter Anwendung inzwischen vorliegender Ergebnisse meistens wiederholt vorgenommen.
  • Formulierung der Aufgabe: Oftmals ist die zu lösende Regelungs-Aufgabe Teil eines größeren Automatisierungsvorhabens. Aus diesem ist die Einzelaufgabe herauszulösen, Randbedingungen durch die Einbettung aber zu erkennen. Anforderungen an Genauigkeit, Geschwindigkeit und anderes sind zu übernehmen oder zu formulieren.
  • Wahl eines Stellgliedes und einer Meßeinrichtung: Im zu regelnden System findet meistens ein Energie- oder/und Masse-Fluss statt, für dessen Beeinflussung ein entsprechendes Stellglied schon vorhanden oder vorgegeben ist. Beispielsweise wird die Wärme/Wasser-Menge bei einer Raumheizung mittels Ventilen an den Radiatoren verändert - sowohl ohne als auch mit automatischer Regelung der Raumtemperatur. Ist das vorgegebene dynamische System aber neu, kann sich die Frage stellen, wie es beeinflussbar ist und wie die Regelgröße gemessen werden kann.
Auf die weiteren Einzelschritte wird anschließend tiefer eingegangen. Die Beschreibung ist beispielhaft für einfache Regelungen, bei der nur eine Regelgröße, nur ein Regelkreis und nur ein Stellglied vorhanden sind. Ein weiteres Kriterium für Einfachheit ist die Zeitinvarianz des betroffenen Systems, was heißt, dass es sein Verhalten über lange Zeit nicht ändert. Die Nennung der verwendeten mathematischen Werkzeuge steht im Vordergrund, die Durchführung der mathematischen Arbeit wird aber nur angedeutet.
  • Beschreibung des Systems und der zum Regeln gebrauchten Teile, Analyse
  • Entwurf der Regelung, Synthese
  • Korrektur der dynamischen Eigenschaften der Regelung
  • Prüfung des Ergebnisses durch Simulation
  • Bau und Inbetriebnahme der Regelung
Eigenschaften des Systems und der zum Regeln gebrauchten TeileUm eine Regelung zu erstellen, ist die möglichst gute Kenntnis aller beteiligten Teile im Regelkreis erforderlich. Sich diese Kenntnis zu verschaffen und sie in mathematischer Sprache auszudrücken, wird in der regelungstechnischen Literatur oft - aber nicht generell - unter dem Begriff Regelungs-Analyse zusammengefasst. Der Gebrauch dieses Begriffs schließt alle Teile ein, obwohl wenigstens über den gewählten Regler ausreichende Kenntnis vorhanden ist. Die Untersuchung zum Zwecke der Verbesserung einer entworfenen oder vorhandenen Regelung wird in der regelungstechnischen Literatur auch oft - aber auch nicht generell - als Analyse bezeichnet (siehe weiter unten: Analyse des Regelkreises).Mathematische Beschreibung: Differentialgleichungen und LinearitätDynamische Systeme sind verbal sehr ungenügend zu beschreiben. Ihre Größen sind Funktionen der Zeit, denen sich nur in mathematischer Beschreibung folgen lässt, wie es in der Systemtheorie geschieht. Für ein dynamisches System ist anzugeben, wie sich eine Größe durch den Einfluss einer anderen Größe zeitverzögert verändert. Der dafür verwendbare Teil der mathematischen Sprache sind die Differentialgleichungen.Die Übertragungsfunktion in einem linearen System (Abhängigkeit einer Ausgangsgröße von einer Eingangsgröße [11]), kann auf einfache Weise mit einer linearen gewöhnlichen Differentialgleichung angegeben werden. Die Linearität des Systems (der Regelstrecke) ist Kennzeichen der einfachen, klassischen Regelungstechnik. Bei Verwendung digitaler Regler (älterer Ausdruck Abtastregler) werden Differenzengleichungen anstatt Differentialgleichungen benutzt. Solche Regler sind zeitdiskrete Systeme im Gegensatz zu den häufigeren zeitkontinuierlichen Systemen.Nichtlinearität bedeutet, dass die mathematische Beschreibung weniger einfach ist. Wenn die Regelstrecke nichtlineares Verhalten aufweist, kann man sich behelfen, indem man den benutzten Teil der Übertragungsfunktion näherungsweise als linear ansieht. Die Beschreibung nichtlinearer Regelstrecken erfolgt prinzipiell mit nichtlinearen Differentialgleichungen, die nur mit höherem Aufwand lösbar sind.


Mathematisches Modell der Regelstrecke


Von den im Regelkreis enthaltenen Teilen ist die Regelstrecke das am stärksten dynamisch geprägte System. Seine Abbildung in einem mathematischen Modell gilt beispielhaft für alle anderen Teile im Regelkreis.Modell ist ein anderes Wort für die Beschreibung einer Realität. Es wird in der Regelungstechnik häufig gebraucht, wobei meistens die mathematische Beschreibung gemeint ist. Es ist wie jede Beschreibung eine Näherung an die Realität, hier an das dynamische Verhalten der Regelstrecke.Die im Modell der Regelstrecke veränderlichen Größen werden formal nicht als physikalische, chemische oder andere reale Größen sondern nur als Eingangs-, Stör- oder Ausgangsgrößen behandelt. Der reale Charakter tritt in der Rechenphase, in der man sie zur einfacheren Handhabung (auf ihre Dimensionen muss nicht geachtet werden) als relative, auf ihre mittleren Funktionswerte bezogene Größen benutzt, nicht in Erscheinung. Ungeachtet dessen muss das Modell natürlich die Abhängigkeit der Ausgangs- von der Eingangsgröße in möglichst guter Näherung an die der realen Größen beschreiben.Wenn die Regelstrecke bereits existiert (und für Untersuchungen zur Verfügung steht), kann das Übertragungsverhalten experimentell ermittelt werden. Die Eingangsgröße wird entweder sprungartig oder sinusförmig verändert und der Verlauf der Ausgangsgröße aufgezeichnet. Wenn eine Störgröße herausstellbar ist und gezielt verändert werden kann, wird das Übertragungsverhalten zwischen ihr und der Ausgangsgröße ebenfalls aufgenommen, wodurch die Regelstrecke insgesamt besser erfasst wird. Den Experimenten schließt sich das Aufstellen der mathematischen Gleichungen an, wobei Vereinfachungen vorgenommen werden müssen, um zu einem beherrschbaren Satz von Gleichungen zu kommen. Dies auf Experimenten beruhende, sogenannte experimentelle Modellierung hat auch die Bezeichnungen White-Box-Modellierung und strukturelle Modellbildung.Das andere Extrem ist die theoretische Modellbildung. Hierbei werden die Gleichungen allein durch Anwendung der physikalischen Gesetze auf die Vorgänge in der Regelstrecke entwickelt, weil die Regelstrecke experimentell nicht zugänglich ist oder noch nicht existiert. Das gewonnene Modell ist weniger sicher, sowohl prinzipiell als auch quantitativ (Übertragungsfaktoren und Zeitkonstanten). Andere Bezeichnung des Vorgangs sind Black-Box-Modellierung und pragmatische Modellbildung.Mit Grey-Box-Modellierung wird ausgedrückt, dass Ergebnisse aus Experimenten und aus theoretischen physikalischen Überlegungen zu einem Modell führen.


Mathematische Modelle der zum Regeln gebrauchten Teile


Bei Stellgliedern ist es oft nicht leicht, lineares Verhalten zu erreichen. Hingegen ist das Messglied meistens unproblematisch. Sein Modell ist lediglich eine lineare Funktion (P-Glied), zeitliche Verzögerungen sind in der Regel vernachlässigbar.Der Regler selbst wird als dynamisches System so gestaltet, dass die Regelaufgabe - wie gewollt und wie unter den vorhandenen physikalischen Bedingungen möglich - erfüllt wird. Ein klassischer Regler ist der PID-Regler, in dem drei der elementaren Übertragungsglieder einstellbar enthalten sind: Proportionalglied (P-Glied), Integralglied (I-Glied) und Differentialglied (D-Glied).


Elementare Übertragungsglieder


Die drei im PID-Regler enthaltenen Übertragungsglieder ergeben zusammen mit den beiden Verzögerungsgliedern PT1 und PT2 und dem Totzeitglied PTt die sechs elementaren Übertragungsglieder, die in vielfältiger Kombination auch die Regelstrecke beschreiben. In der Regelstrecke überwiegt Proportionalität in Kombination mit Zeitverzögerung (PT-Glieder), Integration (I-Glied) kommt öfters, Differentiation (D-Glied) aber kaum vor.Es ist üblich, elementare Übertragungsglieder mit der graphischen Darstellung der Sprungantwort[12] symbolisch zu kennzeichnen. Diese Symbole werden in die entsprechenden Übertragungs-Blöcke ausführlicher Blockschaltbilder (ausführlicher als im Prinzip-Blockschaltbild des Regelkreises) eingetragen.


Entwurf einer Regelung


Der Entwurf einer Reglung - die Verbindung eines Reglers mit der Regelstrecke zu einem geschlossenen Kreis - ist die eigentliche Aufgabe der Regelungstechnik. In der regelungstechnischen Literatur wird für diesen Prozess oft, aber nicht generell der Begriff Regelungs-Synthese gebraucht.
Gute Kenntnis des dynamischen Verhaltens aller Teile des Kreises kann bereits zu einem ausreichenden Ergebnis führen. Da die Kenntnisse aber oft lückenhaft sind, und weil die Anforderungen an die Güte einer Regelung für den Entwurf zum Teil konträre Bedingungen darstellen, ist der Entwurf nicht eine einfache und einmalige Synthese. Mit Kriterien der Stabilität des Kreises und einer möglichst hohen Güte, mit der die Regelgröße kontrolliert wird, schließen sich in der Regel weitere theoretische Schritte an, die sowohl Synthese, aber auch Analyse (des Verhaltens im Kreis) sind. Theoretisch entworfene Regelungen werden oft anhand eines (elektronischen) Modells überprüft. Letztlich müssen Nachbesserungen bei der Inbetriebnahme vorgenommen werden.Angegeben wird nur eine Übersicht der Entwurfs-Verfahren.


Konträre Anforderungen


Mit einer Regelung ist das Stabilitätsproblem untrennbar verbunden. Es ist der Preis, den man dafür bezahlen muss, dass eine Regelung mehr kann als eine Steuerung, nämlich ein in nicht genauer Weise veränderliches System gezielt zu beeinflussen.[13] In einem geschlossenen Wirkkreis können die Größen prinzipiell um einen mittleren Wert hin- und herpendeln. Ursache sind die so gut wie immer vorhandenen Übertragungsglieder mit Zeitverzögerung. Eine Regelung ist stabil, wenn entstehende Schwingungen abklingen und mit der Zeit verschwinden, sie ist dann im mindesten Maße gedämpft, die Verstärkung im Regler (P-Glied) ist nicht zu hoch eingestellt.Vorhandene Stabilität heißt allein nicht, dass die anfängliche Schwingweite (Überschwingen nach einer Störung) innerhalb der Anforderungen liegt.Konträr zum Erfolg, den man mit einer bestimmten Dämpfung erreicht, ist die Forderung, dass eine Regelung schnell sein soll. Bei notwendig hoher Dämpfung kann es vorkommen, dass der Sollwert nach einer Störung nur kriechend wieder erreicht wird, was mit den Anforderungen nicht vereinbar sein kann.Verlangt wird auch eine genügende stationäre Genauigkeit: Die nach dem Abklingen des Einschwingvorganges sich einstellende Differenz zwischen Soll- und Istwert der Regelgröße soll unterhalb eines Grenzwertes liegen.Die mathematische Behandlung ist nur mit erhöhtem Aufwand möglich, wenn der Arbeitsbereich des realen Systems verlassen wird. Es ist beispielsweise sinnvoll, darauf zu achten, dass beim Regeln nicht Stellgrößen-Werte jenseits von “ganz offen” erwartet werden.Die Stabilität des Regelkreises ist unbedingt zu gewährleisten. Bei der mathematischen Behandlung werden verschiedene Stabilitätskriterien angewendet, mit denen sich eine Auslegung der Regelung finden lässt, die vermutlich stabil ist.Die zueinander konträren Anforderungen müssen in der Regel in einer Kompromiss-Lösung beschnitten werden. Sie sind Gegenstand von verschiedenen Gütekriterien, mit deren Hilfe ihre quantitative Benennung möglich ist.


Heuristische Einstellregeln für einfache Regelungen


Hauptartikel: Faustformelverfahren (Automatisierungstechnik)
In der Mitte des 20. Jahrhunderts begann die serienmäßige Herstellung von PID-Reglern und damit eine Standardisierung für die Ausführung von Regelungen mittlerer Schwierigkeit und Güte. Mit PID-Reglern und Anwendung der dafür erarbeiteten Regeln für die Einstellung ihrer Parameter (Verstärkung und Zeitkonstanten) lassen sich auch heute noch die meisten Regelungen verwirklichen. Die anspruchsvolle Modellbildung und die mathematische Behandlung sind schwierigeren Regelstrecken und Fällen mit hoher Güte-Anforderung vorbehalten.Die Anwendung der Faustformelverfahren genannten Einstellregeln ist eine heuristische (dennoch systematische) Methode zum Auslegen einer stabilen und nicht zu langsamen Regelung. Die verschiedenen Verfahren unterscheiden sich hinsichtlich der Grundannahmen, die bezüglich der zu regelnden Strecke getroffen werden. Es müssen nur einige wenige Kennwerte der Regelstrecke, die aus einfachen Versuchen ermittelt werden können, bekannt sein.Das Verfahren nach Ziegler und Nichols ist für stark verzögernde Regelstrecken, wie sie z. B. in der Verfahrenstechnik auftreten, gut geeignet. Die Einstellregeln nach Chien, Hrones und Reswick sind eine Weiterentwicklung dieses Verfahrens. Die T-Summen-Regel ist für Regelstrecken mit Tiefpassverhalten besser geeignet.


Linearer Entwurf


Von Entwurf wird gesprochen, wenn eine Regelung nicht einfach mit PID-Regler und einfachen Einstellregeln verwirklicht werden kann. Er ist linear, wenn alle im nötigen mathematischen Systemmodell enthaltenen Zusammenhänge linear sind. Das Modell beruht auf Annahmen und Näherungen, die bezüglich der realen Teile im Regelkreis (vor allem der Regelstrecke) vorgenommen werden. Deshalb ist die damit erreichte Güte theoretisch garantiert, aber nur beschränkt auf die Praxis übertragbar. Sie wird in der Praxis gut erreicht, wenn nur geringe Abweichungen vom Arbeitspunkt auftreten.Die linearen mathematischen Modelle und ihre Lösungs-Methoden sind für zeitkontinuierliche und für zeitdiskrete Regelungen mehrheitlich verschieden.


Entwurf zeitkontinuierlicher Regelungen


Es existieren zahlreiche Entwurfsverfahren, von denen im Folgenden eine Auswahl angegeben wird. In der Regel ist keines der bekannten Verfahren vollständig. Während eines erfolgreichen Entwurfs werden oft mehrere Verfahren kombiniert oder nacheinander angewendet.
  • Das Frequenzkennlinienverfahren ist das klassische Entwurfsverfahren. Es wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts von Hendrik Wade Bode ausgearbeitet.[14] Die Differentialgleichungen werden im Frequenzbereich gelöst. Dieser Umweg erleichtert nicht nur ihre Lösung. Das Übertragungsverhalten ist auch aus den Darstellungen im Frequenzbereich besser erkennbar. Die Darstellungen sind die Ortskurve des Frequenzgangs und die Frequenzgangkennlinien im Bode-Diagramm. Beispielsweise wird wie folgt verfahren: Ausgehend von den Dynamikforderungen an den geschlossenen Regelkreis werden Bedingungen an die Frequenzgangkennlinien der offenen Kette aufgestellt, die durch eine geeignete Wahl des Reglers erfüllt werden müssen.[15] Die Stabilität wird mit dem Nyquist-Kriterium untersucht.[16]
  • Beim Wurzelortskurvenverfahren werden die Differentialgleichungen auch im Frequenzbereich gelöst. Es eignet sich nicht bei Regelstrecken mit Totzeit, ist aber mit Vorteil bei prinzipiell instabilen Regelstrecken anwendbar. Zusätzliche Untersuchungen , zum Beispiel mit dem Nyquist-Kriterium sind nicht erforderlich.[17] Untersucht wird die offene Kette. Ihre zielgerichtete Veränderung - das heist des Verstärkungsfaktors des Reglers - erfüllt die Güteforderungen, die an den geschlossenen Kreis gestellt werden.[18]
Beide bisher genannten Verfahren sind nicht streng systematisch, es sind typische Ingenieurmethoden, nämlich zielgerichtete Probierverfahren.[19]
  • Die Optimalregler-Verfahren verwenden mathematische Optimierungstheorie, um den Regler so zu bestimmen, dass ein Gütekriterium an die Bewegung des Ausganges und die erforderliche Stellenergie erfüllt ist. Das Verfahren ist für Mehrgrößensysteme geeignet. Dazu wird als Gütekriterium ein Funktional formuliert, in das der Regelfehler und die Stellgröße eingehen. Ziel der Optimierung ist die Minimierung des Gütefunktionals, so dass der integrale Regelfehler und die erforderliche Stellenergie minimal sind. Die Gewichtung von Regelfehler und Stellenergie kann durch Wichtungsmatrizen beeinflusst werden. Häufig wird ein quadratisches Gütekriterium verwendet, man spricht dann von einem LQ-Regler (von engl. linear quadratic regulator). Da zum Entwurf eine Riccatigleichung bzw. -differentialgleichung zu lösen ist, ist auch der Begriff Riccatiregler gebräuchlich.
  • Beim Reglerentwurf zur Polvorgabe (engl. pole placement) geht man typischerweise von einer Darstellung im Zustandsraum aus. Die Güteforderungen aus dem Zeitbereich werden in die Lage der Eigenwerte übersetzt. Dann werden die Reglerparameter so bestimmt, dass die Eigenwerte des Regelkreises durch eine statische Rückführung die gewünschten Werte annehmen. Für Eingrößensysteme existieren unter üblicherweise vorhandenen Voraussetzungen (Steuerbarkeit) eindeutige Lösungen. Für ein Mehrgrößensysteme existieren üblicherweise unendlich viele Lösungen.[20] Verfahren wie Modale Regelung[20] oder die Entkopplung nach Falb-Wolowich[21] schaffen Zusatzbedingungen, so dass wieder eindeutige Lösungen angegeben werden können. Falls die Strecke nicht steuerbar ist, gibt es einzelne feste Eigenwerte, die nicht verändert werden können.
  • Die Zustandsrückführung erfordert die Kenntnis des Zustandes zu jedem Zeitpunkt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Zustandsrückführung durch eine Ausgangsrückführung ersetzt werden, ohne die Lage der erreichten Eigenwerte zu verändern. Ist die Regelstrecke beobachtbar, so kann der Zustandsvektor durch Einsatz eines Beobachters aus den Ausgangsgrößen rekonstruiert werden. Das Separationstheorem sichert dabei, dass (bei korrekter Streckenbeschreibung) Beobachterpole zu den Reglerpolen hinzutreten, diese aber nicht verschieben. Damit ist ein entkoppelter Entwurf von Regler und Beobachter möglich.
  • In der robusten Regelung steht die Tatsache im Vordergrund, dass das mathematische Modell der Regelstrecke nur eine vereinfachte Näherung der realen Regelstrecke ist. In der robusten Regelung werden Regelungsverfahren entwickelt, die trotz Modellunsicherheiten die Stabilität (robuste Stabilität) bzw. eine Mindestgüte garantieren. Die Garantie gilt unter der Voraussetzung, dass der Modellfehler innerhalb einer analytischen Grenze bleibt.

Zeitdiskrete Regelung

In der zeitdiskreten Regelung, auch digitale Regelung oder Abtastregelung genannt, werden die Regelgröße und die Sollgröße in festen, gleichmäßigen Zeitabständen abgetastet und in digitale Zahlenwerte umgewandelt, also quantisiert. Der Regler berechnet aus diesen quantisierten Größen in jedem Zeitschritt die Stellgröße, die zum Abtastzeitpunkt ausgegeben und in ein Analogsignal umgewandelt wird. Ein Halteglied sichert, dass der Stellwert während des gesamten Zeitintervalls bis zum nächsten Abtastschritt anliegt. Die Quantisierung der Größen führt außerdem auf ein wertediskretes Signal. In der Regel wird die Quantisierung jedoch so fein gewählt, dass die Auswirkungen auf die Kreisdynamik vernachlässigt werden können.Eine Vorgehensweise zum Entwurf zeitdiskreter Regler ist der Entwurf eines zeitkontinuierlichen Reglers und seiner Approximation durch einen zeitdiskreten Regler. Als Kriterium zur Approximation kann der Differentialquotient, das Integral oder das Pol/Nullstellen-Bild dienen. Diese Herangehensweise funktioniert besonders gut bei starker Überabtastung der Regelstrecke (z. B. das 20-fache der Grenzfrequenz).Die meisten Prinzipien und Entwurfsverfahren der zeitkontinuierlichen Regelung haben eine sinngemäße Entsprechung in der zeitdiskreten Regelung. Zur mathematischen Behandlung von Abtastregelungen im Frequenzbereich wird dabei die z-Transformation eingesetzt.Das Wurzelortskurvenverfahren hat eine direkte Entsprechung im zeitdiskreten Bereich, ebenso der Optimalreglerentwurf (LQ-Regler).Zur Polzuweisung für zeitkontinuierliche Systeme existiert ein sinngemäßes Verfahren für zeitdiskrete Systeme.Eine Besonderheit ist der Regler mit endlicher Einstellzeit, der es ermöglicht, den Sollwert nach einer endlichen Zahl n von Zeitschritten zu erreichen. Dabei ist n die dynamische Ordnung der Regelstrecke. Dieses verblüffende Ergebnis ist mathematisch durch das Cayley-Hamilton Theorem begründet.


Nichtlinearer Reglerentwurf


Die Methode der harmonischen Balance ist eine Methode zur Analyse nichtlinearer Regelkreise. Sie nutzt eine Beschreibung der nichtlinearen offenen Kette im Frequenzbereich, die auf der Beschreibungsfunktion der offenen Kette beruht. Dabei wird angenommen, dass die nichtlineare offene Kette aus der Reihenschaltung eines linearen und eines nichtlinearen Systems besteht. Die Beschreibungsfunktion hat eine zum Frequenzgang linearer Systeme analoge Bedeutung. Sie gibt an, wie harmonische Schwingungen übertragen werden. Auf Basis dieser Beschreibungsform kann ein Reglerentwurf,[22][23] durchgeführt werden, obwohl die Methode der harmonischen Balance keine Synthesemethode ist.Die Methode der globalen Linearisierung,[24][23] (auch differentialgeometrische Methode oder exakte Linearisierung genannt) basiert auf der Idee, die Nichtlinearität in der Regelstrecke durch geeignete Vorfilter und Rückführungen zu kompensieren. Anschließend wird für das linearisierte System anhand linearer Reglerentwurfsmethoden das dynamische Verhalten an die Güteforderungen angepasst. Der nichtlineare Entwurf wird somit auf linearen Entwurf zurückgeführt.Die Flachheitsbasierte Regelung[25][26] stützt sich auf den Begriff der Flachheit (engl. flatness), der eine Erweiterung des Begriffs der Steuerbarkeit für nichtlineare Systeme ist. Er erlaubt den systematischen Entwurf von Vorsteuerungen für flache nichtlineare Systeme durch Systeminversion. Meist wird die Steuerung durch eine Regelung zur Störunterdrückung ergänzt.Die Idee des Gain scheduling basiert auf der Annahme, dass das nichtlineare System in jedem Betriebspunkt linearisiert werden kann. Für jeden Betriebspunkt wird ein Regler fester Struktur entworfen, dessen Parameter vom Betriebspunkt abhängen. Bei der Realisierung werden die Parameter in Abhängigkeit vom Betriebspunkt eingestellt. Eine spezielle Klasse nichtlinearer System, sind lineare Systeme, deren Systemmatrizen explizit von Parametern θ abhängen. Diese Systeme werden als linear parameter-varying (LPV) Systeme bezeichnet. Im LPV-gain scheduling werden die Reglerparameter explizit von θ abhängig gemacht.Ein nichtlineares Regelungsverfahren, das mit schaltenden Reglern arbeitet, ist Sliding mode control.


Weitergehende Regelungskonzepte


http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Regelungstechnik&action=edit&section=24In zahlreichen Anwendungsgebieten (z. B. Flugregelung) bleibt die Struktur des Modells über den gesamten Arbeitsbereich gültig, es ändern sich jedoch einzelne Parameter. Beispiele sind die Änderung der Dichte von Luft mit der Flughöhe, oder die Masse eines Flugzeuges mit der Zeit. In der adaptiven Regelung werden die Reglerparameter automatisch den sich ändernden Bedingungen angepasst. Adaptive Regelungen können u.a. durch flexible Regleralgorithmen (Controller Switching Technology) realisiert werden. Flexible Regleralgorithmen ermöglichen es, unterschiedliche, an den jeweiligen Arbeitspunkt angepasste, Reglerstrukturen und Reglerparameter im laufenden Betrieb umzuschalten. Dafür muss je Arbeitspunkt ein Trigger-Signal oder eine Signalspanne definiert werden, welche eindeutig die anzuwendende Reglerstruktur und Reglerparameter bestimmt. Kleinere Abweichungen der Regelstrecke vom Entwurfsmodell werden mittels Methoden zur Robusten Regelung abgedeckt.Die prädiktive Regelung beinhaltet eine spezielle Komponente (den Prädiktor) zur Vorhersage des künftigen Systemverhaltens.[23] Die Vorhersage ermöglicht eine verbesserte Ermittlung des Stellwertes in Bezug auf das gewünschte künftige Verhalten. Klassische Regler ohne Prädiktor müssen die Reaktion der Regelstrecke auf den Stellwert abwarten, können also nur reagieren. Die Prädiktive Regelung bezeichnet diesen allgemeinen Ansatz, wobei unterschiedliche spezifische Realisierungen existieren (Smith-Prädiktor, Internal Model Control, Model Predictive Control). Prädiktive Regelungsstrukturen sind besonders vorteilhaft, wenn die Strecke stark verzögerndes Verhalten aufweist, etwa große Totzeiten.In der Fuzzy Regelung werden den Signalen (Regelgröße, Regelfehler, Stellwert) symbolische Werte anstatt numerischer Werte zugewiesen.[23][27] Dieses Vorgehen ist besonders vorteilhaft, wenn intuitives Expertenwissen über die manuelle Regelung des Prozesses vorhanden ist, ein formaler Reglerentwurf wegen eines fehlenden Modells jedoch nicht praktikabel ist. Die Fuzzy Regelung basiert auf der Fuzzy-Logik, die eine Erweiterung der booleschen Logik ist. Die Fuzzy Regelung wurde erstmals zur Steuerung der U-Bahn in Sendai in der Praxis erfolgreich eingesetzt (siehe U-Bahn Sendai).Neuronale Netze werden in der Regelungstechnik sowohl zur Darstellung von Kennfeld-Reglern als auch zur Systemidentifikation verwendet.[28] Beispielsweise können neuronale Netze zum Autotuning von PID-Reglern oder für die adaptive Regelung eingesetzt werden.


Analyse des Kreisverhaltens


Stabilität


Hauptartikel: Stabilitätstheorie
Die Stabilität des Regelkreises ist eine grundlegend wichtige Eigenschaft, da in der Praxis Instabilität meist zu Schäden führt (z. B. Absturz eines Flugzeuges, Explosion eines Kessels usw.). Grundlegende Erkenntnisse zur Stabilitätstheorie wurden von Maxwell, Routh und Hurwitz beigetragen.Zur Beurteilung der Stabilität eines Regelkreises existieren mehrere Stabilitätsbegriffe und dazugehörige Analysemethoden, welche die Stabilitätstheorie bilden. Grundvoraussetzung für die Stabilitätsprüfung ist, dass ein mathematisches Modell der Regelstrecke vorliegt.Gängige Stabilitätsbegriffe sind die Zustandsstabilität und Eingangs-/Ausgangs-Stabilität (E/A-Stabilität). Die Zustandsstabilität fordert anschaulich, dass alle Zustandsvariablen ohne äußeren Einfluss auf ein Gleichgewicht zustreben. Bei LZI-Systemen ist dies der Ursprung, bei nichtlinearen Systemen kann es mehrere Gleichgewichtszustände geben. Zur ihrer Analyse ist die Eigenbewegung des Systems maßgeblich. Die E/A-Stabilität (auch BIBO-Stabilität, engl. bounded input-bounded output) fordert lediglich, dass die Ausgangssignale bei beschränkten Eingangssignalen und verschwindendem Anfangszustand beschränkt bleiben.Im Fall von LZI-Systemen kann für die Betrachtung der Stabilität auf die charakteristische Gleichung zurückgegriffen werden, welche das charakteristische Polynom verwendet. Liegen bei zeitkontinuierlichen Systemen alle Eigenwerte, das heißt Lösungen der charakteristischen Gleichung, in der linken Halbebene der komplexen s-Ebene, so ist der Regelkreis stabil. Weitere Kriterien zur Prüfung der Stabilitätseigenschaft für LZI-Systeme sind das Hurwitzkriterium, das Phasenrandkriterium und das Nyquistkriterium.Ein sehr allgemeines, auch für nichtlineare Systeme geeignetes Kriterium zur Stabilitätsprüfung ist die direkte Methode von Ljapunov anhand der Ljapunov-Funktion (Ljapunov-Methode). Weitere für nichtlineare Systeme anwendbare Stabilitätskriterien sind das Popov-Kriterium[23][29] und das Kreiskriterium.[23][30]


Sollwertfolge
Die Sollwertfolge kann anhand der Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises überprüft werden. Die Frequenz Null muss mit der Verstärkung eins übertragen werden, dann ist Sollwertfolge gewährleistet.


Dynamisches Übergangsverhalten

Unter dem dynamischen Übergangsverhalten werden Anforderungen an das Kreisverhalten zusammengefasst, die seine Geschwindigkeit und sein Überschwingen betreffen (siehe Abbildungen). Sie werden anhand der Übergangsfunktion definiert. Die Überschwingzeit Tm bezeichnet den Zeitpunkt des ersten Überschwingmaximums der Sprungantwort. Die Zeit T5% bezeichnet die Zeit, nach der die Sprungantwort ein Band der Breite ±5% nicht mehr verlässt. Die Überschwingweite bezeichnet die Amplitude der Schwingung einer Sprungantwort um den statischen Endwert. Weitere Kenngrößen sind die Verzugszeit Tu und die Anstiegszeit Ta.

Stark gedämpfte Schwingung in der Nähe des aperiodischen Grenzfalls. Kenngrößen des Verhaltens eines dynamischen Systems, dargestellt anhand der Sprungantwort. Die Verzugszeit Tu und Anstiegszeit Ta sind durch die Wendetangente bestimmt. Die Überschwingzeit Tm ist durch den Zeitpunkt, an dem das erste Maximum der Sprungantwort auftritt, festgelegt. Die Beruhigungszeit T5% ist der letzte Zeitpunkt, zu dem die Sprungantwort in ein Band der Breite ±5% eintaucht. Urheber: Jan Richter

Weitere gebräuchliche Maße für die Güte des Regelverhaltens sind Integralkriterien, die geeignet sind, die Güte des Regelverhaltens in Abhängigkeit von den durch die Sprungantwort und die Führungsgröße abgegrenzten Flächen abzuschätzen. Ein solches Gütekriterium ist das ITAE-Kriterium.

Regler im Produktionseinsatz

Zur Realisierung eines Regelkreises muss der entworfene Regler physikalisch realisiert werden. Hierzu können Analogrechner, digitale Kompaktregler oder Soft-Regler in einer geeigneten Speicherprogrammierbaren Steuerung eingesetzt werden. Siehe auch Artikel Regler, sowie.[31][32][33]

Kompaktregler vom Typ RU 5X der Firma: R+S für Heizungsanlagen. Der Regler ist im ausgeschalteten Zustand aufgenommen worden und befindet sich normalerweise in der Schaltschranktür eingebaut. Auf der Rückseite befinden sich die Kontaktleisten. Urheber: iggy-x


Je nach Aufbau und Einsatzzweck lassen sich unterscheiden:
  • Industrieregler → maschinennahe Einzelregler für Kleinanlagen mit eigenem Mikroprozessor
  • Prozessregelgeräte → erweiterbare Industrieregler mit Schnittstelle zu übergelagertem (Leit-)System
  • Universalregler → Prozessregler in Form von Erweiterungskarten oder Software-Regelbausteinen für programmierbare Steuerungen
  • Branchenregler → Spezielle Prozessregler, die für bestimmte Anwendungsgebiete optimiert sind.


Rapid-Prototyping in Forschung und Entwicklung

In der Forschung und Entwicklung entsteht regelmäßig das Problem, neue Regelungskonzepte zu testen. Die wichtigsten Software-Werkzeuge für rechnergestützte Analyse, Entwurf und Rapid Control Prototyping von Regelungen sind nachfolgend aufgeführt.
  • MATLAB und Simulink, The MathWorks: Durch zahlreiche Toolboxes ein sehr umfangreiches Softwarepaket für numerische Mathematik, für Simulation, Systemidentifikation, Reglerentwurf und Rapid Control Prototyping geeignet (kommerziell)
  • Scilab, Institut National de Recherche en Informatique et en Automatique (INRIA): Ebenfalls sehr umfangreiches Softwarepaket für numerische Mathematik mit ähnlichem Konzept und ähnlicher Syntax wie MATLAB, für Simulation, Systemidentifikation und Rapid Control Prototyping geeignet (frei)
  • CAMeL-View TestRig: Entwicklungsumgebung zur Modellbildung von physikalischen Systemen mit dem Schwerpunkt Reglerentwurf und Rapid Control Prototyping sowie zur Anbindung an Versuchsstände (kommerziell)
  • Maple: Computeralgebra-System, beherrscht numerische und symbolische Mathematik, besonders für manche Entwurfsverfahren der nichtlinearen Regelung geeignet (kommerziell)
  • Mathematica, Wolfram Research, Inc.: Umfangreiches Softwarepaket für numerische und symbolische Mathematik (kommerziell)
  • dSPACE: Integrierte Hard- und Software-Lösungen für die Anbindung von MATLAB an Versuchsstände (kommerziell)
  • LabVIEW, National Instruments (NI): Integrierte Hard- und Software-Lösungen für die Rechnersteuerung von Versuchsständen (kommerziell)
  • ExpertControl: Software-Lösungen für vollautomatische Systemidentifikation und vollautomatische, modellbasierte Reglerauslegung für klassische Reglerstrukturen (PID-Regler) sowie Reglerstrukturen für Systeme höherer Ordnung (kommerziell)
  • TPT: Systematisches Testwerkzeug für Regelungssysteme, das neben der Simulation auch eine Ergebnisauswertung und Analysemöglichkeit bietet.
  • SCALE-RT: Skalierbare Open-Source und Linux-basierte Echtzeit-Simulationssoftware SCALE-RT bietet eine Echtzeitsimulations-Umgebung für SiL und HiL-Simulationen auf kommerzieller PC-Hardware. (kommerziell)
Alle aufgeführten Werkzeuge zeigen ein hohes Maß an Flexibilität bezüglich der Anwendung und der verwendbaren Reglerstrukturen.


Anwendungen und Beispiele
Häufige Regelungsprobleme

Nachfolgende Auflistung nennt unabhängig von konkreten Anwendungen einige physikalische bzw. chemische Größen, die typischerweise als Regelgrößen auftreten. Auf konkrete Anwendungen wird im nächsten Abschnitt eingegangen.
Technische Anwendungen


Shanghai Transrapid Photo by Yosemite


Berufsverbände mit Bezug zur Regelungstechnik DeutschlandInternational
Siehe auch

Literatur
 
Zeitschriften und Journale:


Weblinks


Commons: Regelungs- und Steuerungstechnik (Control engineering) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Deutschland
Einzelnachweise
 
  1. Wasseruhr des Ktesibios (Rekonstruktion)
  2. Wasseruhr des Ktesibios (Rekonstruktion), [1], Seite 26
  3. Temperaturregelung in einem Brutkasten, [2], Seite 27
  4. Günter Ludyk: Theoretische Regelungstechnik, Springer 1995, Band 1, Seite 1
  5. H. Nyquist: Regeneration theory, Bell Syst. techn. Journ.11, 1932, Seiten 126 bis 147
  6. R. W. Evans: Graphical Analysis of Control Systems, Transactions AIEE 67 (1948), Seiten 547 - 551
  7. Otto Föllinger: Regelungstechnik, Hüthig Verlag, Seite 200, ISBN 3-7785-2336-8
  8. R. On the Generel Theory of Control Systems, Proceedings 1st International Congress on Automatic Control 1960, Butterworths, London, 1961, band 1, Seiten 481 - 492
  9. Heinz Töpfer und Hans-Joachim Zander: Steuerungstechnik - ein Teilgebiet der Automatisierungstechnik, ein Rückblick auf diesbezügliche Forschungsarbeiten in der DDR, Automatisierungstechnik, 2003, Heft 3, Seite 136, 2.1, zweiter Absatz
  10. Otto Föllinger: Regelungstechnik, Hüthig Verlag, Seiten 12 bis 14, ISBN 3-7785-2336-8
  11. In der theoretischen Regelungstechnik wird Übertragungsfunktion auch für Frequenzgang gebraucht. Zudem ist eine Verwechslung mit Übergangsfunktion möglich. Im vorliegenden Artikel werden Übertragungsfunktion, Übertragung und Übertragungs-Glied als allgemeingültige Begriffe, die keiner formalen Einschränkung unterliegen, gebraucht.
  12. In der theoretischen Regelungstechnik wird die Antwort auf die Eingangs-Sprungfunktion auch Übergangsfunktion genannt.
  13. Otto Föllinger: Regelungstechnik, Hüthig Verlag, Seite 10, ISBN 3-7785-2336-8
  14. Stuart Benett: A Brief History of Automatic Control, IEEE Control Systems,June 1966, Seite20
  15. Jan Lunze: Regelungstechnik 1. Springer Verlag, 2007, ISBN 3-540-70790-5, Seite 477
  16. Jan Lunze: Regelungstechnik 1. Springer Verlag, 2007, ISBN 3-540-70790-5, Seite 403
  17. Otto Föllinger: Regelungstechnik, Hüthig Verlag, ISBN 3-7785-2336-8, Seiten 201 und 329
  18. Jan Lunze: Regelungstechnik 1. Springer Verlag, 2007, ISBN 3-540-70790-5, Seite 462
  19. Otto Föllinger: Regelungstechnik, Hüthig Verlag, ISBN 3-7785-2336-8, Seite 201
  20. Otto Föllinger, Regelungstechnik, 8. Aufl. 13.3.3
  21. Otto Föllinger, Regelungstechnik, 8. Aufl. 13.5
  22. Otto Föllinger: Nichtlineare Regelungen II. Oldenbourg Verlag, 1980, ISBN 3-486-33253-8, Kap. 4
  23. Jürgen Adamy: Nichtlineare Regelungen. Springer, 2009, ISBN 978-3-642-00793-4
  24. Otto Föllinger: Nichtlineare Regelungen II. Oldenbourg Verlag, 1980, ISBN 3-486-33253-8, Kap. 7
  25. Rudolph, Joachim: Beiträge zur flachheitsbasierten Folgeregelung linearer und nichtlinearer Systeme endlicher und unendlicher Dimension. Shaker Verlag, Aachen 2003. ISBN 3-8322-1765-7
  26. M. Fliess, J. L. Lévine, P. Martin and P. Rouchon: Flatness and defect of non-linear systems: introductory theory and examples. International Journal of Control 61(6), pp. 1327-1361, 1995
  27. Lefteri H. Tsoukalas, Robert E. Uhrig: Fuzzy and Neural Approaches in Engineering. Wiley-Interscience, 1997, ISBN 0-471-16003-2, Kap. 6
  28. Lefteri H. Tsoukalas, Robert E. Uhrig: Fuzzy and Neural Approaches in Engineering. Wiley-Interscience, 1997, ISBN 0-471-16003-2, Kap. 10
  29. Otto Föllinger: Nichtlineare Regelungen II. Oldenbourg Verlag, 1980, ISBN 3-486-33253-8, Kap. 5.2
  30. Otto Föllinger: Nichtlineare Regelungen II. Oldenbourg Verlag, 1980, ISBN 3-486-33253-8, Kap. 5.8
  31. Jürgen Müller: Regeln mit SIMATIC. Publicis Corporate Publishing, Erlangen 2004, ISBN 3-89578-248-3
  32. Manfred Schleicher: Regelungstechnik für den Praktiker. Fa. JUMO GmbH & Co, 2006, ISBN 3-935742-00-2
  33. Berthold Heinrich [Hrsg.]: Messen, Steuern, Regeln. Vieweg Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-8348-0006-6



Verfahrenstechnik

Verfahrenstechnik bezeichnet alle technischen Prozesse, in denen aus einem Roh- oder Ausgangsmaterial ein Produkt durch die Nutzung chemisch-physikalischer oder biologischer Vorgänge geschaffen wird. Sie steht damit zwischen dem Abbau der Rohstoffe und der Fertigstellung von Produkten.Ein Beispiel ist die Gewinnung von Metallen aus Erzen oder die Auftrennung der einzelnen Bestandteile des rohen Erdöls. Das Rohmaterial eines Verarbeitungsprozesses kann dabei selbst das Produkt einer vorhergegangenen Verarbeitung sein, und das Produkt weiter verarbeitet werden. Diese Vernetzung wird als Produktionsverbund bezeichnet. Auch die Wiedergewinnung, das Recycling, von Wertstoffen aus Abfällen fällt in den Aufgabenbereich der Verfahrenstechnik. Die zunehmende Energiegewinnung auf Basis Nachwachsender Rohstoffe (Bioenergie) erfordert ebenfalls den Einsatz verfahrentechnischer Methoden.


Ingenieurwissenschaft und Berufsbild


Laut Definition der Gesellschaft für Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (GVC) beschäftigt sich die Verfahrenstechnik mit der technischen und wirtschaftlichen Durchführung aller Prozesse, in denen Stoffe nach Art, Eigenschaft und Zusammensetzung verändert werden. Es handelt sich also um die Ingenieurwissenschaft der Stoffumwandlung. In der Praxis arbeitet der Verfahrensingenieur oft eng mit den naturwissenschaftlichen Disziplinen, z. B. mit Chemikern als Entwickler, zusammen und setzt deren Erkenntnisse in realisierbare technische Konzepte und Prozesse um. Besonders die Vergrößerung des Produktionsmaßstabes und der Energiehaushalt eines Verfahrens sind oft entscheidende Fragen.Doch auch die Realisierung der verfahrenstechnisch entwickelten und geplanten Anlage selbst wird, als Anlagenbau bezeichnet, von der Verfahrenstechnik abgedeckt. Hierbei sind die Auswahl und Auslegung der zum Bau einzusetzenden Apparate, Bauteile und Materialien die Hauptaufgabe des Verfahrenstechnikers. Hinzu kommt in immer umfassenderen Maße auch die mess- und regelungstechnische Planung des zu betreibenden Prozesses. Hierbei fließen oft die Erkenntnisse aus der verfahrenstechnischen Theorie- und Versuchsarbeit in computergestützte Simulationen ein. Diese dienen dann als Ausgangsbasis oder sogar als Führungsmodell für die Prozessregelung. Aufgrund des sehr interdisziplinär ausgelegten Studiums finden Absolventen in der Berufspraxis ein sehr breites Einsatzspektrum. Von der Arbeit als Forscher im Labor, als Entwickler und Programmierer von Simulationen oder Leitsystemen, über die Tätigkeit als Berechnungs- und Projektingenieur, bis hin zum Bauleiter oder Betriebsführer von Produktionsanlagen sind Verfahrens- und Chemieingenieure in der gesamten Chemie-, Energie-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie, wie auch in den entsprechenden Anlagenbauunternehmen und Forschungseinrichtungen anzutreffen.


Ausbildung


Verfahrenstechnische Studiengänge werden in Deutschland an Technischen Universitäten und Hochschulen angeboten. Hierbei unterscheiden sich die jeweiligen Studiengänge zwischen den Hochschulen im Detail durchaus. Denn je nach Tradition bzw. der thematischen Ausrichtung der jeweiligen Institution kann die Ausbildung sich eher an der Technik oder an der Chemie (s. Chemieingenieurwesen) orientieren. Während an einigen Hochschulen die Verfahrenstechnik beispielsweise als Studienschwerpunkt direkt aus dem Studium des Maschinenbaus "abzweigt", ist das Fach an anderen Einrichtungen wiederum ein eigenständiges Grund- oder Bachelor-Studium für einen späteren Schwerpunkt wie die Bioverfahrenstechnik oder das Haupt- oder Masterstudium der Chemietechnik. Dazu existieren in eigenständigen Wissenschaftsgebieten auch eigene verfahrenstechnische Studien- oder Vertiefungsfächer. Dies ist beispielsweise die Agrartechnik oder die Technik der Nutztierhaltung innerhalb der Agrarwissenschaft. Auch Spezialisierungen im Bereich der verfahrenstechnischen Energietechnik (Energieanlagenbau, Erneuerbare Energien) werden zurzeit vermehrt angeboten. Hier fließen oft Maschinenbau und Elektrotechnik in das Fach mit ein. Der technischen Entwicklung folgend, führt dies mitunter zur Etablierung neuer Studienfächer, wie der Umwelttechnik, der Biotechnologie oder der Lebensmitteltechnik.Hinzu kommt, dass der deutsche und der englische Sprachgebrauch bei den Begriffen des Verfahrens- und Chemieingenieurwesens unterschiedlich ist. Als Process Engineering wird im Englischen zwar die verfahrenstechnische Tätigkeit eines Ingenieurs bezeichnet. Das der deutschen Definition für Verfahrenstechnik entsprechende Studienfach ist im englischsprachigen Ausland aber meistens das Chemical Engineering (ebenso z. B. auch im Spanischen: Ingenieria química). In Deutschland wiederum wird in der Hochschulausbildung zwischen Verfahrens- und Chemietechnik klar unterschieden.Studienabschluss war in Deutschland meistens der Diplom-Ingenieur des jeweiligen verfahrenstechnischen Studienganges. Im Rahmen des Bologna-Prozesses erfolgte auch hier die Einführung der neuen Abschlussgrade.


Arbeitsmittel und Gliederung der Verfahrenstechnik


Die Verfahrenstechnik hat sich von ihren Anfängen im Rohrleitungs- und Kesselbau hin zu einer interdisziplinären Wissenschaft entwickelt. Heute werden für die Auslegung der Prozesse neben
  • den Natur- und Materialwissenschaften für die Beschreibung des Prozesses und seiner stofflichen Auswirkungen, auch
  • die Wirtschafts-, Sozial-, Politik-, und Rechtswissenschaften für die Akzeptanz, die Rahmenbedingungen und den Betrieb des Prozesses
benötigt. Weiterhin wird für die Umsetzung des Prozesses im Anlagenbau auf alle anderen Ingenieurswissenschaften zurückgegriffen.Verfahrenstechnische Anlagen produzieren zwischen wenigen Gramm und mehreren millionen Tonnen pro Jahr. Produziert werden einfache chemische Substanzen bis hin zu komplizierten Bauteilen. Um die Fülle an Prozessen beschreiben zu können, werden sie in physikalisch nicht mehr sinnvoll trennbare Grundoperationen (en: unit operations) mit nur einem physikalischen Vorgang, wie Mischen oder Verdampfen, zerteilt. Verfahrensschritte, die eine räumlich untrennbare Kombination mehrerer Grundoperationen sind, werden meist auch als Grundoperationen bezeichnet. Klassen von verfahrenstechnischen Grundoperationen sind zum Beispiel:Diese Grundoperationen werden aneinandergereiht und ergeben den Gesamtprozess. Ein derart gestalteter Prozess ist berechenbar und durchführbar, aber nicht energie- und platzoptimiert. Der Kostendruck in der Industrie und die besseren Simulations- und Analysemöglichkeiten sowie das bessere physikalische Verständnis führen dazu, dass heute immer mehr Grundoperationen in einem Prozessschritt kombiniert werden. Jedoch ist für das Verständnis des Gesamtzusammenhangs eine Betrachtung des Prozesses in getrennten physikalischen Grundschritten sinnvoll.Die Verfahrenstechnik gliedert sich daher immer noch entlang der physikalischen Vorgänge der Grundoperationen in:
    • mechanische Verfahrenstechnik,
    • chemische Verfahrenstechnik,
    • thermische Verfahrenstechnik und
    • den sonstigen Verfahren, die meist als physikalische Verfahren der chemischen Verfahrenstechnik zugeschlagen werden.

Dazu kommt die nicht überschaubare Anzahl von komplexen, nicht voneinander trennbaren Verfahren wie:
Ebenso den benötigten Hilfs-, Umsetzungs- und Spezialdisziplinen, wie:Eine andere, ältere Gliederung geht von den Stoffgruppen aus: Lebensmittelverfahrenstechnik, Kunststoffverfahrenstechnik, usw.In der Pharmazie wird die Verfahrenstechnik als Galenik; in der Apotheke als Rezeptur bezeichnet (alt: Arzneiformenlehre). Industriell wird sie als Aufbereitungstechnik oder als pharmazeutische Technologie bezeichnet.


Abgrenzung zu anderen Wissenschaften


Grundsätzlich gilt: jede Prozessentwicklung, bei der ein Stoffstrom betroffen ist, beinhaltet Verfahrenstechnik. Sie ist daher ein meist nicht genannter Bestandteil jeder Wissenschaft. Die Verfahrenstechnik betont das Verfahren an sich und versucht es mit den gegebenen Randbedingungen zu optimieren. In anderen Disziplinen wird meist von einem gegebenen Prozess ausgegangen, da der Schwerpunkt auf anderen Aspekten liegt.Die Verfahrenstechnik beschäftigt sich mit dem gleichen Gegenstand wie die anderen Naturwissenschaften und benutzt ihre Werkzeuge. Im Gegensatz zu anderen Naturwissenschaften versucht die Verfahrenstechnik jedoch nicht einen neuen Zusammenhang offenzulegen, sondern einen erkannten Zusammenhang technisch nutzbar zu machen. Bei der Auslegung neuer Prozesse entstehende Fragen führen meist zu einer engen Kooperation mit anderen Naturwissenschaften.Verfahrenstechniker benutzen die Werkzeuge der Ingenieurswissenschaften. Sie legen den Raum und die Bedingungen fest, unter denen ein Prozess abläuft. Für die eigentliche Maschine ist der Maschinenbauer oder Bauingenieur zuständig.Das Chemieingenieurwesen ist eine Disziplin der Verfahrenstechnik, welche einen Schwerpunkt auf die Chemie legt. Die Umwelttechnik legt den Schwerpunkt hingegen auf rechtliche, toxikologische, und logistische Aspekte der Ver- und Entsorgung.


Teildisziplinen

Mechanische Verfahrenstechnik


Kleiner Fliehkraftabscheider in einer Mühle. Urheber: BMK


Die mechanische Verfahrenstechnik versteht sich als Anwender der Mechanik bzw. der Strömungsmechanik. Sie beschäftigt sich daher mit Stoffwandlungsprozessen, die auf mechanischer Einwirkung beruhen. Die vier Prozesshauptgruppen sind Zerkleinern und Agglomerieren sowie Mischen und Trennen (Filter, Siebe).Historisch liegen ihre Wurzeln im Rohrleitungsbau und in der Feststoffverfahrenstechnik. Traditionell werden daher meist auch Lagern, Fördern und Dosieren von Feststoffen, Schüttgütern und flüssigen Gütern (z. B. Förderung durch Pumpen) der mechanischen Verfahrenstechnik zugeschlagen.


Thermische Verfahrenstechnik

Die thermische Verfahrenstechnik versteht sich als angewandte Thermodynamik. Der wichtigste Prozess ist daher die Destillation sowie die mit den gleichen Methoden beschreibbaren Prozesse Rektifikation, Extraktion und Absorption.


14.000-kW-Absorption-Wärmepumpe zur Nutzung Industrieller Abwärme in einem Österreichischen Fernheizwerk. Urheber: Reinraum

Da es sich bei der von der thermischen Verfahrenstechnik vertretenen Thermodynamik um ein überall benötigtes Werkzeug handelt, werden außer der Ermittlung von thermodynamischen Stoffdaten alle aus ihr erwachsenen Prozesse meist nicht mehr zu der thermischen Verfahrenstechnik gezählt. Im Einzelfall entscheidet die historische Entwicklung vor Ort.Chemische VerfahrenstechnikDie chemische Verfahrenstechnik (Chemische Reaktionstechnik) beschäftigt sich mit Stoffwandlungen durch chemische Reaktionen und bildet das stärkste Bindeglied der Verfahrenstechnik zur Chemie. Insbesondere wird der Übergang vom Labormaßstab der Chemie zum technischen Maßstab untersucht. Das beinhaltet beispielsweise die Errichtung von Pilotanlagen und die Untersuchung von Kinetiken. Der Chemieingenieur leistet somit maßgebliche Arbeit bei der Umsetzung von Laborergebnissen im Produktionsprozess.


Elektrochemische Verfahrenstechnik

Die Elektrochemische Verfahrenstechnik beschäftigt sich mit der technischen Anwendungen der elektrochemischen Phänomene (z. B. Synthese von Chemikalien, elektrolytischen Raffination von Metallen, Batterien und Brennstoffzellen, Sensoren, Oberflächenmodifizierung durch galvanische Abscheidung und Ätzung, Trennungen, und Korrosion).[1]


Bioverfahrenstechnik

Die Bioverfahrenstechnik (auch Bioprozesstechnik) ist der Bereich der Biotechnologie, der sich mit der verfahrenstechnischen Umsetzung beschäftigt, bzw. der Teil der Verfahrenstechnik, der sich mit biotechnologischen Prozessen beschäftigt. Die Biotechnologie macht Stoffumwandlungen durch biologische Prozesse in technischen Anwendungen nutzbar. Diese Prozesse können durch die in Zellen (meist Bakterien, Hefen, Pilzen) enthaltenen Enzyme (früher: Ferment) bzw. durch isolierte Enzyme durchgeführt werden. In beiden Fällen spricht man von Biokatalyse, Biosynthese oder Fermentation. Von Kultivierung spricht man dagegen nur, wenn Zellen eingesetzt werden, die sich während des Prozesses vermehren bzw. Stoffwechsel betreiben. Teilbereiche der Biotechnologie sind z. B. die Mikrobiologie, Chemie und Biochemie. Gentechnische Methoden können eingesetzt werden, kommen aber nicht zwangsläufig bei allen biotechnologischen Anwendungen zum Einsatz. Ein wichtiger Bereich der Biotechnologie ist die Verfahrenstechnik, die Prozesse in Forschungs- oder Produktionsmaßstab umsetzt. Dazu gehört die generelle Planung und Umsetzung eines Verfahrens, die Entwicklung der Prozesskontrolle und der Aufbereitungsmethoden für die Produkte, die Steuerung von Produktionsprozessen und ihre laufende Optimierung.

Bioreaktoren und Technik zur Prozesssteuerung. Urheber: Peter grotzinger



Vor- und Nachteile

Biotechnologische Verfahren können verschiedene Vor- und Nachteile gegenüber den chemischen Verfahren haben:
  • Bei chemischen Verfahren sind teilweise extreme Bedingungen (z. B. hohe Drücke und/oder Temperaturen) und giftige Chemikalien notwendig. Biologische Prozesse laufen unter weniger extremen Bedingungen ab und können verschiedene chemische Verfahren wegen ökonomischer und ökologischer Vorteile ersetzen.
  • Manche Verbindungen sind nicht mit chemischen Methoden synthetisierbar, können jedoch biotechnologisch hergestellt werden.
  • Vor allem bei pharmzeutischen Anwendung kann es notwendig sein, nur eine Varianten von chiralen Verbindungen einzusetzen. Bei biotechnologischer Produktion ist nur eine Variante vorhanden, bei chemischer Herstellung dagegen meistens beide.
  • Da biologische Prozesse nicht bei beliebig hohen Temperaturen ablaufen können, ist damit auch die Reaktionsgeschwindigkeit limitiert. Reaktoren brauchen hier daher oft größere Volumina als bei nicht-biologischen Verfahren.

Einsatzbereiche

Biotechnologische Anwendungen unterscheiden sich stark und werden daher in verschiedene Bereiche eingeteilt. Neben der Bioverfahrenstechnik zu Herstellung von bestimmten Verbindungen können diese einzelnen Bereiche auch andere Felder umfassen:Während die Begriffe Weiße, Rote und Grüne Biotechnologie etabliert sind, sind die anderen farblichen Zuordnungen bisher weniger verbreitet.[2]


Verfahrenstypen


Die zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten haben verschiedene Verfahren hervorgebracht, die sich stark unterscheiden können. Häufig kommen Bioreaktoren (Fermenter) zum Einsatz. Meist enthalten die Fermenter Rührwerke für die Homogenisierung, Einrichtungen zur Temperatureinstellung und weitere Technik zur Kontrolle und Steuerung wichtiger Parameter.Die Produkte werden nach unterschiedlichen Prinzipien erzeugt:
  • Enzyme können für die Umsetzung eines Stoffes sorgen.
  • Oft werden Mikroorganismen kultiviert, deren Stoffwechselprodukte das Produkt darstellen (z. B. Ethanol, Butanol, Citrat).
  • Speicherstoffe der kultivierten Art, wie z. B. der mikrobielle Kohlenhydratspeicher Polyhydroxybuttersäure können das Produkt sein.
  • Durch gentechnische Veränderung kann in der zu kultivierenden Art eine Überexpression induziert werden oder ein neuer Stoffwechselweg in die Art transferiert werden, so dass das gewünschte Produkt mit hoher Ausbeute produziert wird.
Im Anschluss an die Produktion (Fermentation) ist in der Regel eine Aufbereitung (Downstream Processing) notwendig. Diese kann, je nach Verfahren, sehr aufwendig sein und Schritte wie Zellaufschluss, Filtration, Chromatographien und anderes umfassen. Auch dieser Bereich wird der Bioverfahrenstechnik zugeordnet.[3]


Nanotechnik

Die Nanotechnik oder Nanotechnologie ist ein noch junges Gebiet welches sehr interdisziplinär Gebiete aus der Physik, der Chemie, der Biologie und der Verfahrenstechnik vereint. Es beschäftigt sich mit Stoffen und Systemen, deren Größe unter Umständen nur aus wenigen Molekülen bestehen. Für die Verfahrenstechnik ist die Nanopartikeltechnik von besonderer Bedeutung. Aufgrund der kleinen geometrischen Ausdehnung von Nanopartikeln besitzen sie spezielle optische und elektronische Eigenschaften, welche besondere Messverfahren erforderlich machen, jedoch auch zu neuen Anwendungen führen können.


Quellen
  1. Electrochemistry Encyclopedia
  2. "Die Regenbogenfarben der Biotechnologie" Artikel bei der Informationsseite "chemie.de", (Abgerufen am 3. Dezember 2009
  3. Angewandte Mikrobiologie, Garabed Antranikian, Springer-Verlag Berlin Heidelberg, 2006

Siehe auch

Literatur
 
Bücher
  • Peter Grassmann: Physikalische Grundlagen der Chemie-Ingenieur-Technik. Sauerländer, Frankfurt am Main 1961.
  • Eckhart Blaß: VDI-Gesellschaft Verfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen GVC – gestern-heute-morgen. Saur, Düsseldorf 1984.
  • Horst Chmiel (Hrsg.): Bioprozesstechnik. 2. Auflage. Spektrum, München 2006, ISBN 3-8274-1607-8.
  • Hans Günther Hirschberg: Handbuch Verfahrenstechnik und Anlagenbau. Chemie, Technik, Wirtschaftlichkeit. Springer, Berlin und Heidelberg 1999, ISBN 3-540-60623-8.

Zeitschriften
  • Verfahrenstechnik – Zeitschrift für Planung, Bau und Betrieb von Apparaten und Anlagen. Vereinigte Fachverlage, Mainz, ISSN 0175-5315.
  • Chemie Ingenieur Technik – Verfahrenstechnik, Technische Chemie, Apparatewesen, Biotechnologie. Herausgeber: Dechema, GDCh, VDI. Wiley-VCH, Weinheim, ISSN 0009-286X.
  • cav chemie-anlagen+verfahren – Zeitschrift für Verfahrenstechnik, Anlagenbau, Apparatetechnik. Konradin Verlag, Leinfelden, ISSN 0009-2800.

Weblinks


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